Warum wir Remote-Usability Tests empfehlen

Verstehen Sie Ihre Nutzer:innen besser!
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Digital Branding
24
Juni 2020

Trotz ihrer Wichtigkeit kommen Nutzertests gut und gerne mal zu kurz. Entweder ist kein Budget vorhanden um diese durchzuführen oder das Zeitmanagement macht Ihnen ein Strich durch die Rechnung. Hinzu kommen noch das fehlende Usability-Labor und die schwer erreichbaren Probanden. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie scheint der Gedanke an Usability-Tests nahezu unmöglich. Die Belegschaft sitzt komplett oder teilweise im Homeoffice und das Risiko wäre sowieso zu hoch, sich mit verschiedenen Probanden in einen Raum zu setzen. Gibt es dennoch eine Möglichkeit, Nutzertests aus der Ferne führen zu können? Und am besten natürlich von zuhause aus und ohne teures Equipment. Hier kommen Remote-Usability-Tests ins Spiel!

Was versteht man unter Remote-Usability-Testing?

Remote-Usability-Tests sind Testverfahren ohne Ortsgebundenheit, bei denen der Testleiter und die Testperson räumlich voneinander getrennt sind. Dabei wird zwischen zwei Hauptansätzen unterschieden: „asynchron“ und „synchron“ oder verständlicher ausgedrückt „unmoderiert“ und „moderiert“.

Asynchroner Remote-Usability-Test (aRUT)

Asynchroner Remote-Usability-Test (aRUT)

Ein asynchroner Remote-Usability-Test bezeichnet einen unmoderierten Nutzertest, bei dem der Testperson eine entsprechende Software zur Verfügung gestellt wird, mit der sie den Test eigenständig durchführt. Mausklicks und Navigationspfade werden von der Software aufgezeichnet und anschließend visuell dargestellt. Die Software gibt dem Probanden zudem die Möglichkeit Kommentare abzugeben und gestellte Fragen zu beantworten.

Während des Tests gibt es keinerlei Echtzeit-Interaktion zwischen Probanden und Testleiter. Somit können dem Nutzer auch keine Fragen zu seinem aktuellen Handeln bzw. Gedankengang gestellt werden. Gleichzeitig hat der Nutzer keine Echtzeit-Unterstützung bei Unklarheiten oder Problemen mit der Software. Was dieses Verfahren wiederum äußerst attraktiv macht, sind die flexiblen Testzeiten. Da kein Testleiter anwesend sein muss, kann der Nutzer selbst entscheiden, wann er den Test durchführt und der Testleiter hat die Möglichkeit mehrere Nutzertests zeitgleich durchzuführen.

Einsatz finden unmoderierte Usability Tests bei der Analyse von sehr spezifischen Fragestellungen. Ziel dabei ist nicht den Gesamteindruck einer Seite zu testen, sondern herauszufinden, an welchen Stellen der Nutzer sich bereits gut zurechtfindet und wo Sackgassen bzw. Absprünge entstehen. So lässt sich beispielsweise das Navigationssystem oder eine Abschlussstrecke genauer beleuchten oder verschiedene Designansätze miteinander vergleichen. Der Umfang der Tests sollte bei dieser Methode relativ klein gehalten werden und sich nur auf ein paar ausgewählte Module beziehungsweise kleine Änderungen fokussieren.

Synchroner Remote-Usability-Test (sRUT)

Synchroner Remote-Usability-Test (sRUT)

Synchrone Usability Test werden von einem Moderator/Testleiter begleitet. Diese Methodik entspricht dem klassischen Usability-Test-Verfahren im Labor, nur eben mit dem Unterschied, dass alles online durchgeführt wird.

Der Nutzertest verläuft über ein Screen-Sharing-Tool, durch das der Proband und der Testleiter miteinander in Verbindung stehen. Dies ermöglicht nicht nur die „Think Aloud Methode“, sondern gibt dem Testleiter außerdem die Möglichkeit, alle Interaktionen des Nutzers nachzuvollziehen und ihm währenddessen Fragen zu seinem Vorgehen zu stellen. Auch für den Probanden ergibt sich somit der Vorteil, dass er Unterstützung vom Moderator einholen kann. Ein weiterer Vorteil des sRUT ist die Möglichkeit, eine weitere Person des Entwicklerteams als Beobachter hinzuzuschalten. Somit muss der Moderator sich nicht parallel zur Moderation um die Notizen kümmern.

Vor- und Nachteile von Remote-Usability-Tests

Was sind also die Vor- und Nachteile von RUT und machen sie überhaupt Sinn?

Vorteile:

  • Der Nutzer ist in gewohnter Umgebung und verhält sich somit natürlicher als in einem Usability Labor
  • Zeitersparnis aufgrund mehrerer Faktoren (Anfahrt entfällt, keine Anwesenheit nötig, teilweise automatisierte Auswertungen…)
  • Zeitersparnis bedeutet gleichzeitig Budgetersparnis
  • Wenig Aufwand, hoher Ertrag
  • Keine Anschaffungskosten
  • Nutzer wird vom Moderator nicht beeinflusst (aRUT)
  • Einfacheres Probanden-Recruiting

Nachteile:

  • Bei aRUT ist die Körpersprache nicht ersichtlich: dies erschwert beispielsweise den richtigen Zeitpunkt für Rückfragen zu ermitteln.
  • Probleme mit den Remote Tools müssen rausgefiltert werden
  • Möglicherweise unbrauchbare Tests bei aRUT
  • Hohe Anforderung an technische Ausstattung für die Testperson (Internetqualität, Headset, Webcam,…) speziell bei sRUT.

Was benötigt man für einen RUT & wie funktioniert das?

Das Durchführen eines unmoderierten Remote-Tests ist kein Hexenwerk mehr. Es gibt diverse Dienstleister (z.B.: rapidusertests.comuserfeel.com & validately.com), die sich auf dieses Modell spezialisiert haben und teilweise schon direkt mehrere tausend Tester zu Verfügung haben. In diesem Fall müssen Sie also nichts weiter tun, als die zu testenden Szenarien vorzubereiten und im Nachgang das Ergebnis analysieren.

Ein moderierter Remote-Test wiederum stellt eine etwas höhere technische Herausforderung dar und ist zeitintensiver. Grundsätzlich lässt sich aber mit jedem Screensharing-Programm ein moderierter Usability Test umsetzen. Welches Tool am besten für den Remote-Test geeignet ist, hängt von den Anforderungen an das Tool ab. So ist es beispielsweise mit Teamviewer möglich, das System des Probanden fernzusteuern, falls dieser aktive Unterstützung benötigt, während andere Programme wie Cisco WebEx eine Aufnahmefunktion mit sich bringen. Nachteil der beiden genannten Tools ist es, dass die Rekrutierung eigenständig durchgeführt werden muss. Wem das zu viel Zeit kostet, ist bei Validately.com an der richtigen Adresse: hier hat man die Möglichkeit eine eigene Rekrutierung vorzunehmen oder sie dem Dienstleister zu überlassen. Ein weiterer Aspekt bei der Suche nach dem richtigen Tool sind mobile Remote-Tests. Auch hierfür bieten mittlerweile die meisten Dienstleister eine Lösung an und manche haben sich sogar darauf spezialisiert.

Alternative Usability-Test - vollautomatisierte Behavior-Analytics-Tools

Wer den organisatorischen Aufwand für Remote-Usability-Tests und die Suche nach Probanden nach wie vor scheut und so schnell wie möglich quantitative Ergebnisse erzielen möchte, kann von Behavior-Analytics-Tools Gebrauch machen.

Für Behavior-Analytics-Tools müssen keine Probanden gesucht werden, denn die Usability-Tests werden mit realen Website-Besuchern in Echtzeit durchgeführt – der schnelle Weg, um Ihre Nutzer und Ihre Zielgruppe zu verstehen. Finden Sie mit wenig organisatorischem Aufwand heraus, warum Besucher nicht zu Kunden konvertieren und worin die möglichen Schwachstellen Ihres Internetauftritts liegen.
Ähnlich wie beim aRUT werden Klick-, Maus- und Scrollbewegungen, sowie Interaktionen registriert und beispielsweise in Form von Heatmaps visualisiert. Das macht es einfach, die Aktivität der realen Nutzer nachzuvollziehen und das Nutzerverhalten zu analysieren. Außerdem bieten einige Tools die Möglichkeit, aktiv Feedback der Website-Besucher einzufordern.

Zu den bekanntesten Behavior-Analytics-Tools gehören Hotjar und Mouseflow. Behavior-Analytics-Tool setzen es voraus ihre „Pixel“ auf der Website zu implementieren, damit die Daten aufgezeichnet werden können.

Fazit

Remote Usability Tests sind ohne Frage eine preiswerte und zeitsparende Alternative zu klassischen, zumeist unterbewerteten Nutzertests. Selbst wenn die Einschränkungen der Corona-Krise der Vergangenheit angehören, spricht nichts dagegen diese Methode als effiziente und effektive Lösung in den Entwicklungsprozess zu integrieren. Denn am Ende des Tages ist es egal, ob Sie einen klassischen Usability Test, einen moderierten oder unmoderierten Remote-Usability-Test durchführen oder ein Behavior-Analytics-Tool integrieren. Sie werden dabei immer wertvolle Erkenntnisse gewinnen!